In Europa leben rund 750 Millionen Menschen – und sie alle brauchen Strom. Ob für den Kühlschrank oder das Smartphone, für warmes Wasser oder den WLAN-Router. Um für uns alle eine unterbrechungsfreie Stromversorgung sicherzustellen, sind die nationalen Stromnetze in Europa durch grenzüberschreitende Leitungen miteinander verbunden. Dieses europäische Verbundsystem zählt zu den sichersten und stabilsten Stromnetzen der Welt. Erfahren Sie hier, warum das so ist, aus welchen Energiequellen der Strom stammt und wie er vom Erzeuger in Ihre Steckdose kommt.
Strom für Europa: Das europäische Verbundsystem
Das europäische Verbundsystem gewährleistet seit 1951 die Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa. Es besteht aus einem riesigen Netz aus Hoch- und Höchstspannungsleitungen, die elektrische Energie länderübergreifend transportieren und verteilen. Alle Erzeuger elektrischer Energie arbeiten im europäischen Verbundsystem synchron, das heißt mit einer identischen Netzfrequenz von 50 Hertz.
Verantwortlich für das europäische Stromnetz ist die Union for the Co-ordination of Transmission of Electricity (UCTE), die den Betrieb und die Weiterentwicklung des Stromnetzes koordiniert. Auf nationaler Ebene unterstützen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) die UCTE, auf regionaler und lokaler Ebene sind es die Verteilnetzbetreiber. In Deutschland gibt es vier ÜNB, die sich in ihrer jeweiligen Regelzone um das Gleichgewicht zwischen Ein- und Ausspeisung im Stromnetz kümmern.
Ein zunehmend komplexeres Stromnetz
Die Anzahl an Stromerzeugungsanlagen ist allein in Deutschland in den letzten 20 Jahren von über 1.000 auf rund zwei Millionen angestiegen. Das Stromnetz wird dadurch immer komplexer, denn die neuen Anlagen mit teils unterschiedlichen Stromflüssen müssen kontinuierlich in das Verbundsystem eingebunden werden. Früher gelangte der Strom direkt von den Kraftwerken zu den Kunden. Heute gibt es neben diesen traditionellen Stromerzeugern dezentral angesiedelte Windenergie- und Solarkraftanlagen, Biogas-Kraftwerke, Brennstoffzellen für Wasserstoff oder Erdgas und viele weitere, die ihren produzierten Strom ebenfalls ins Netz einspeisen. Dadurch verändern sich auch die Stromflüsse im Verbundsystem. Weg von zentraler Erzeugung und großen Stromautobahnen zu den Verbrauchern, hin zu dezentraler Einspeisung und mehr Flexibilität im Netz.
So wird eine unterbrechungsfreie Stromversorgung gewährleistet
Unser Stromversorgungssystem basiert auf Wechselstrom und funktioniert nur, wenn ein ständiges Gleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -verbrauch vorherrscht. Der Indikator für ein stabiles Netz ist die Netzfrequenz, die im europäischen Verbundsystem bei 50 Hertz liegt. Das heißt, die Elektronen in der Stromleitung pendeln 50-mal pro Sekunde hin und her. Kommt es zu einer plötzlichen Unterversorgung oder Überlastung, sinkt bzw. steigt die Netzfrequenz. Das Netz wird instabil und ein Stromausfall droht. Deshalb sind die Regulierungen von Ein- und Ausspeisung auf deutscher und europäischer Ebene so wichtig.
Ist die gesamte Infrastruktur einer Region, eines Bundeslandes oder sogar des ganzen Landes von einem Stromausfall betroffen, spricht man von einem Blackout. In Deutschland ist ein solches Szenario zwar äußerst unwahrscheinlich, es lässt sich aber nicht völlig ausschließen. Was Sie in diesem Fall tun können, erfahren Sie in unserem Beitrag „Was tun bei Stromausfall? Tipps zur Vorbereitung und Handlungshinweise“.
Sichere Stromversorgung: Warum Stromausfälle äußerst selten sind
Die Stromversorgung in Deutschland fällt pro Jahr durchschnittlich nur wenige Minuten aus. Die Zahlen haben sich seit 2006 halbiert. Für diese hohe Versorgungssicherheit gibt es viele Gründe. Sie sorgen dafür, dass ein Blackout – ein kompletter Stromausfall über mehrere Stunden oder Tage – heute kaum zu erwarten ist:
- das (n-1)-Kriterium – „N minus 1“ gesprochen: Fällt eine Komponente des Systems aus, beispielsweise ein Kraftwerk, so darf nicht das gesamte System zusammenbrechen, selbst bei maximaler Auslastung. Um dies zu verhindern, greifen die Übertragungsnetzbetreiber auf verschiedene Ausweichmöglichkeiten zurück. Für kritische Infrastruktur wie die Trinkwasser- und Nahrungsmittelversorgung sowie Transport und Verkehr und Luftfahrt lautet der Grundsatz sogar (n-2).
- Netzbetreiber analysieren regelmäßig und in Echtzeit mögliche Szenarien im Stromnetz und bereiten sich darauf vor.
- Deutschland hat ein sehr leistungsfähiges Stromnetz: Mehrere Verbindungen führen zur Verbrauchsstelle, um kurzfristig alternative Übertragungswege zur Verfügung zu haben.
- Alle Akteure, hierzu zählen insbesondere die vier großen Übertragungsnetzbetreiber Amprion, TenneT TSO, 50Hertz Transmission sowie TransnetBW, die für ein stabiles Stromnetz sorgen, sind rund um die Uhr in Bereitschaft, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können.
Selbst wenn Ihr Stromanbieter insolvent gehen sollte, müssen Sie nicht um Ihre Versorgungssicherheit fürchten. Wie Sie in diesem Fall vorgehen, erfahren Sie in unserem Artikel „Was tun, wenn der Stromanbieter insolvent geht?“.
Wo kommt der Strom her?
Strom wird in Deutschland auf unterschiedliche Weise erzeugt. Der Löwenanteil kommt überwiegend aus Großkraftwerken. Als Energiequellen dienen Atomkraft, fossile Brennstoffe wie Gas und Kohle sowie erneuerbare Energien wie Wasser, Wind und Sonne.
Doch wie entsteht aus solchen Energiequellen Strom? Hier drei Beispiele:
- In Kohlekraftwerken erhitzen die durch Verbrennung entstehenden Rauchgase flüssiges Wasser zu Dampf. Dieser treibt eine Turbine an, die wiederum an einen Generator angeschlossen ist. Der Generator wandelt die Bewegungsenergie in Strom um
- Solaranlagen können mittels Solarzellen Sonnenlicht in elektrischen Strom verwandeln. Private Photovoltaikanlagen folgen demselben Prinzip. Strom, den die Eigentümer nicht benötigen, speisen sie ins Stromnetz ein.
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In Gaskraftwerken entsteht durch Verbrennung zunächst ein sehr heißes Gas, das eine Turbine in Bewegungsenergie umwandelt. Ein angeschlossener Generator erzeugt daraus elektrische Energie.
In einigen Gaskraftwerken wird weiterhin die Restwärme genutzt, um auch Fernwärme zu erzeugen. Hierbei wird das noch heiße Rauchgas genutzt, um Wasser zu erhitzen.
Außerdem ist es möglich, statt Fernwärme einen Dampfkreislauf wie bei klassischen Kohlekraftwerken hinter der Gasturbine zu installieren - hierbei erhöht sich der Wirkungsgrad des Kraftwerks beträchtlich.
Kraftwerke haben den Vorteil, dass sie schnell und jederzeit hochgefahren werden können, um Spitzen im Stromverbrauch auszugleichen. Strom aus erneuerbaren Energien kann dagegen nicht konstant erzeugt werden, sondern hängt vom Wetter ab. Um überschüssigen Strom aus diesen Energieträgern besser nutzen zu können, werden verschiedene Arten von Energiespeichern eingesetzt.
Wie kommt der Strom in die Steckdose?
Aus den großen, mittelgroßen und kleinen Kraftwerken heraus fließt der Strom über verschiedene Netzebenen ins Niederspannungsnetz, das den Haushaltsstrom zur Verfügung stellt:
- Übertragungsnetz – die Strom-Autobahn: Dieses Netz verbindet die Regionen in Deutschland und Europa untereinander. Mit Höchstspannungen von 230 bis 380 kV transportiert es große Mengen elektrischer Energie über weite Strecken.
- Verteilernetze – die Bundes-, Landes- und Kreisstraßen: Über Umspannwerke wird die Höchstspannung auf Hochspannung (60–110 kV) reduziert und der Strom an großindustrielle Verbraucher wie Stadtwerke, die Großindustrie und die Bahn verteilt. Um sehr große gewerbliche und mittel-industrielle Verbraucher zu versorgen, wird die Spannung weiter auf Mittelspannung (6–50 kV) verringert und verteilt. Haushalte und Kleingewerbe nutzen Niederspannung (230/400 V), die durch Trafos erzeugt wird. Auf regionaler Ebene fließen auch Stromflüsse aus kleinen lokalen Kraftwerken wie Wind- und Photovoltaik-Anlagen ins Netz.
Der Strom, der schließlich aus der Steckdose kommt, stammt aus verschiedenen Energiequellen, denn physikalisch gesehen ist Strom gleich Strom. Trotzdem lohnt es sich, Ökostrom zu beziehen, denn so tragen Sie zum Ausbau der erneuerbaren Energien bei.
Energiewende stärkt erneuerbare Energien
Der Großteil des Stroms kommt heute nicht mehr aus großen Kohle- oder Gaskraftwerken, sondern aus vielen verschiedenen Quellen. Die eigene Solaranlage auf dem Dach erzeugt genauso Strom wie ein kleiner Windpark oder ein Biomasse-Kraftwerk. Dieser Anteil wird durch den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien im Rahmen der Energiewende kontinuierlich steigen. Eine intelligente Stromgewinnung in Verbindung mit diesen Energiequellen wird daher immer wichtiger, um auch in Zukunft eine unterbrechungsfreie Stromversorgung zu gewährleisten.
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